Arbeitswelt

Symbolische Landkarte
10. September 2018

Wenn jemand zu Unrecht versetzt wird

Inwieweit ein Arbeitnehmer, der unrechtmäßig von seinem bisherigen Standort an einen anderen versetzt wird, von seinem Arbeitgeber für die dadurch anfallenden Aufwendungen wie Kosten für Zweitwohnung und Heimfahrten Schadenersatz verlangen kann, zeigt ein Gerichtsurteil.

  • Text : Marketing der ALH Gruppe
  • Lesedauer : 2 Minuten

Wird ein Beschäftigter von seinem Arbeitgeber unrechtmäßig in eine weit entfernt liegende Niederlassung des Unternehmens versetzt, so hat er einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz. Das hat das Hessische Landesarbeitsgericht mit einem jüngst veröffentlichten Urteil entschieden (Az.: 10 Sa 964/17).

Ein zuletzt als Betriebsleiter für seinen Arbeitgeber in Südhessen tätiger Mann war für die Dauer von mindestens zwei Jahren in eine sächsische Niederlassung des Unternehmens versetzt worden. Diese lag rund 480 Kilometer vom bisherigen Beschäftigungsort entfernt. Der Arbeitnehmer kam der Aufforderung zwar nach. Weil der 52-jährige Arbeitnehmer die Versetzungsentscheidung seines Arbeitgebers für rechtswidrig hielt, zog er jedoch vor Gericht.

Der Arbeitgeber wurde daraufhin in einem rechtskräftigen Berufungsurteil des Landesarbeitsgericht Hessen dazu verurteilt, seine Entscheidung zurückzunehmen (Az.: 10 Sa 231/15). Der Arbeitgeber hätte aus Gründen der Billigkeit nämlich einen jüngeren Arbeitnehmer mit ähnlichen Qualifikationen, der ebenfalls beim Arbeitgeber beschäftigt war, versetzen können, zumal dem 52-Jährigen zum Zeitpunkt der Versetzung auch noch die Pflege seiner pflegebedürftigen Mutter oblag.

Kostenerstattung gefordert

Der Arbeitnehmer konnte aufgrund des Urteils, nachdem er fast zwei Jahre an dem Standort, zu dem er versetzt worden war, gearbeitet hatte, wieder an seine alte Wirkungsstätte zurückkehren und dort tätig sein. Während seines „Zwangsaufenthalts“ in Sachsen hatte sich der Arbeitnehmer dort eine Zweitwohnung gemietet. An den Wochenenden pendelte er mit seinem Pkw zwischen dieser und seiner Wohnung in Südhessen hin und her.

Nach der für ihn positiven Entscheidung des Arbeitsgerichts verlangte er von seinem Arbeitgeber, die Kosten für die Zweitwohnung und die wöchentlichen Heimfahrten zu erstatten. Ferner forderte er eine Vergütung der Fahrzeiten sowie die Zahlung eines Tagegeldes. Sein Arbeitgeber hielt die Forderung für unbegründet. Man traf sich daher erneut vor Gericht wieder. Auch in diesem Fall zog das Unternehmen den Kürzeren.

Stellt sich heraus, dass die Versetzung eines Beschäftigten unrechtmäßig war, so ist dessen Arbeitgeber nach Ansicht des Gerichts grundsätzlich zum Ersatz eines daraus resultierenden Schadens verpflichtet. Dazu würden sowohl die vollständigen Kosten für eine Zweitwohnung als auch ein monatlicher Ausgleich für einen erhöhten Aufwand am neuen Beschäftigungsort zählen.

Verpflichtung zur Zahlung von Schadenersatz, aber …

Dieser Aufwand sei nach dem Leitbild der öffentlich-rechtlichen Reisekostenregelungen, konkret nach den Vorschriften der Trennungsgeldverordnung zu ermitteln. Er betrage im Fall des Klägers monatlich 236 Euro. Fahrtkosten muss der Arbeitgeber des Klägers nach Meinung der Richter hingegen nur in Höhe der Kosten einer Zugfahrt, und zwar ohne Vergütung der Fahrtzeit und nur für jedes zweite Wochenende ersetzen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls haben die Richter eine Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Wie die Gerichtsurteile belegen, muss man sich als Arbeitnehmer nicht alles gefallen lassen. Wer sich ungerecht behandelt fühlt und außergerichtlich keine Chance sieht, sich mit dem Arbeitgeber zu einigen, kann auch eine Klage vor dem Arbeitsgericht einlegen. Allerdings gilt bei Arbeitsrechts-Streitigkeiten vor dem Arbeitsgericht in der ersten Instanz: Egal, ob der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber den Rechtsstreit gewinnt oder verliert, beide müssen selbst für ihre Anwaltskosten, aber auch jeweils für die anteiligen sonstigen Prozesskosten aufkommen.

Einen entsprechenden Kostenschutz für Arbeitnehmer gibt es jedoch mit einer bestehenden Privat- und Berufsrechtsschutz-Versicherung. Denn eine solche Police übernimmt im Versicherungsfall die Kosten für derartige, aber auch für zahlreiche andere Streitigkeiten für den Arbeitnehmer, wenn der Rechtsschutzversicherer vorab eine Deckungszusage erteilt hat.

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